Diesseits von Eden

Künstlerische Erkundungen in drei Brandenburger Kirchgärten

 

 

 

Kirch- und Pfarrgärten gehören zu den versteckten Schätzen Brandenburgs. Ursprünglich als Nutzgärten zur Selbstversorgung der Pfarrfamilien angelegt, entwickelten sie sich im Laufe der Geschichte zu botanischen Laboratorien und artenreichen Ziergärten. Wie steht es um Brandenburgs Pfarrgärten heute? Und welche Bedeutung haben sie in den verschiedenen Gemeinden Brandenburgs? Im Rahmen des Artist-in-Residence-Projektes „Diesseits von Eden“, kuratiert von Hannes Langbein und Keumhwa Kim, erkunden drei Künstler*innen von Juni bis August drei Brandenburger Pfarrgärten, die auf diese Weise zu Freiluftateliers und künstlerische Laboratorien für Fragen der Ökologie, Biodiversität und der Nachhaltigkeit werden.

Die Residenzen beginnen mit einem öffentlichen »Auftakt«, bei dem die Künstler*innen ihre Arbeit und ihre Vorhaben vorstellen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren sie in den »offenen Ateliers«. Diese sind bis zum 28. August öffentlich zugänglich.

 

Altfriedland | Anne Duk Hee Jordan: »Into the Wild. For the Bees«

Anne Duk Herr Jordan im Pfarrgarten Altfriedland, Foto: Florian Bong-Kil Grosse

Der Pfarrgarten von Altfriedland im Oderbruch gehört zu den ältesten in Brandenburg. Er geht ursprünglich auf ein Nonnenkloster der Zisterzienser zurück. In Altfriedland wirkte auch Henriette Charlotte Gräfin von Itzenplitz, die Anfang des 19. Jahrhunderts »Musterwirtschaften« für eine nachhaltige Landwirtschaft entwickelte. Im Dialog mit dem heutigen Bewohner des Pfarrgartens, dem pensionierten Pfarrer und Imker Friedrich Hanke, entwickelt die Künstlerin Anne Duk Hee Jordan ihr Projekt »Into the Wild. For the Bees«. Die künstlerische Tischlandschaft aus essbaren Kräutern und Duftblumen, welche die Künstlerin seit 2017 an wechselnden Orten als lokal konzipiertes und recherchiertes Projekt präsentiert, bereitet nicht den Menschen, sondern den Bienen ein duftendes Festmahl. Jordan, die sich in ihrer Kunst auch mit nicht-menschlichen Lebensformen auseinandersetzt, will mit ihrer Tischskulptur den Fokus auf eine der ältesten Bewohnerinnen der Erde, die Biene, und ihre immer prekärer werdenden Lebensbedingungen lenken.

Anne Duk Hee Jordan (*1978, Südkorea) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Weißensee Kunsthochschule Berlin und setzte ihr Studium mit einem Master in Fine Arts bei Olafur Eliasson am Institut für Raumexperimente in Berlin fort. Anne Duk Hee Jordan interessiert sich für die nicht wahrnehmbaren Phänomene des Lebens und experimentiert mit unterschiedlichen Ökosystemen.

Ort:
Pfarrgarten Altfriedland
Meirangasse 1
15320 Neuhardenberg/OT Altfriedland

Saxdorf | Marisa Benjamim: »Blumenstrauß aus Saxdorf«

Marisa Benjamim im Pfarrgarten Saxdorf, Foto: Andrés Galeano

Der Saxdorfer Pfarrgarten ist ein Gartenparadies mit über 3000 Pflanzenarten, Gehölzen und Stauden aus fünf Kontinenten. Seit 1967 entwickelten Pfarrer Karl-Heinrich Zahn und der Künstler Hanspeter Bethke den Garten zu einem botanischen Gesamtkunstwerk, das je nach Jahreszeit immer wieder Neues entdecken lässt. Die portugiesische Künstlerin Marisa Benjamim beginnt ihre Residenz mit ihrer Performance »Floristaurant«, in der sie die Besucher*innen mit essbaren Skulpturen aus Pflanzen und Blumen des Pfarrgartens in den Geschmack des Gartens einführt. Im Rahmen ihrer Residenz wird sie essbare Blumen und Kräuter aus dem Pfarrgarten sowie den Gärten des Dorfes sammeln und dabei die Beziehungen des Pfarrgartens mit den Gärten des Dorfes als sozialen Orten erkunden. Die in dieser sozialen Aktion gesammelten Blumen werden mithilfe einer im Pfarrgarten aufgefundenen Druckerpresse künstlerisch bearbeitet und als kollektiver »Blumenstrauß aus Saxdorf« während ihres »Offenen Ateliers« (6. August) und in der anschließenden Ausstellung bis zum 28. August präsentiert.

Marisa Benjamim (*1981, Portugal) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Kunst im Kontext Master an der UDK Berlin, Bildhauerei (BA) und Visual Arts (MA) an der ESAD in Caldas da Rainha in Portugal. Mit Blumen als künstlerischem Rohstoff schafft Marisa Benjamim multisensorische Installationen, in denen sie die kulinarische Archäologie, den Geschmack, die soziale Interaktion und die Ausweitung der Kunst in öffentliche Räume erforscht.

Ort:
Pfarrgarten Saxdorf/Kunst- und Kultursommer Saxdorf e.V.
Hauptstraße 5
04895 Saxdorf

Grüntal | Adrien Missika: »Beikraut beistehen«

Adrien Missika im Pfarrgarten Grüntal, Foto: Adrien Missika

Der weitläufige und weitgehend naturbelassene Pfarrgarten in Grüntal gehört zum HAUS Grüntal, einem ehemaligen Pfarrhaus, das seit 24 Jahren als kirchliches Besinnungs-, Bildungs- und Begegnungszentrum genutzt wird. Das HAUS und sein Garten liegen an einem Zweig des Jakobsweg von Stettin nach Berlin, und steht Menschen, die Ruhe, Entspannung und Abstand zu ihrem Alltag suchen, zur Verfügung. Der Künstler Adrien Missika wird im Rahmen seiner Residenz die Aufmerksamkeit auf das Phänomen des Unkrauts lenken: Vielfach übersehen und bekämpft will er das Unkraut mithilfe von ortsspezifischen Eingriffen und temporären Naturinstallationen als »Beikraut« neu wahrnehmbar machen. Unkräuter lassen Muster und Pflanzeninseln im Pfarrgarten entstehen, die im Laufe der Residenz als abstrakte Naturräume transformiert werden und zum Verweilen einladen. Seine Residenz beginnt Missika am 9. Juli mit einer mobilen Ausstellung, die der Künstler mit einem zum Ausstellungsträger umgebauten Fahrrad – MOTUS (= lat. Bewegung) – nach Grüntal bringt. Die Ausstellung aus den Beständen der ifa-Galerie Berlin (Ausstellung »Eine lange Geschichte mit vielen Knoten. Fluxus in Deutschland 1962-1994«) zeigt Werke von Joseph Beuys, Dick Higgins und Takako Saito, die sich mit Fragen der Umwelt und der Nachhaltigkeit beschäftigen und einen generationsübergreifenden Dialog zwischen der Fluxus Bewegung und der Gegenwart in Gang bringen.

Adrien Missika (*1981, Frankreich) lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte bildende Kunst an der Ecole Cantonale d‘art de Lausanne (Ecal). Das Werk von Adrien Missika untersucht auf humorvolle und poetische Weise das Wechselspiel von Natur und Kultur. In seinen Installationen und Aktionen treten utopische Welten zutage.

Ort:
Pfarrgarten Grüntal/Das Haus e.V. Grüntal
Dorfstraße 39
16230 Sydower Fließ OT Grüntal