De profundis
Miguel Rothschild
»Aus der Tiefe, HERR, rufe ich zu Dir!« schallt die Stimme des Psalmbeters. – Ein Ruf aus dem Untergrund hinauf in den fraglich gewordenen Himmel. »Wohin ist Gott?« ruft Friedrich Nietzsches »toller Mensch«: »Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen?«
In der Installation des argentinischen Künstlers Miguel Rothschild wird der Blick aufs Meer zur Himmelsleiter: Über 1.500 Angelschnüre halten ein 8,6 m langes und 4 m breites Tuch und lassen so ein textiles Relief entstehen, das vor und über dem Altar zu schweben scheint. In der alten Tradition des Fastentuchs verhüllt seine großformatige Rauminstallation während der Passionszeit den Altar der St. Matthäus-Kirche, an der Orgelempore gegenüber ein Sternenzeichen »Kreuz des Südens«, entlang der Kirchenwände zwei Seitenblicke mit »Black Sea«, hinaus aufs dunkle Meer.
Wie orientiert man sich auf hoher See in sternendunkler Nacht? Welches sind die Koordinaten, nach denen wir unseren inneren Kompass ausrichten? Der zentrale Fokus des Raumes, der Altar als Ort des Gebetes und der Abendmahlsgemeinschaft, ist für die Zeit des Fastens verborgen. Zugleich öffnet sich der Raum: hinaus aufs Meer, in die Unendlichkeit, hinein in die Gemeinschaft der Suchenden…
Miguel Rothschild (*1963 in Buenos Aires) ist ein argentinischer Künstler, der heute in Berlin lebt und arbeitet. Nach einem Studium an der Hochschule der Künste in Buenos Aires war er Schüler und Meisterschüler von Rebecca Horn an der Universität der Künste in Berlin. Es folgten zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. Arbeitsstipendien der Stiftung Kunstfond und Preise der Karl Hofer Gesellschaft. Seine Arbeiten werden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit gezeigt darunter Einzelausstellungen in der Galerie kuckei + kuckei, Berlin, sowie Gruppenausstellungen u.a. in Berlin, Frankfurt am Main, Nürnberg, Kiel, Paris, Budapest, Mumbai und Buenos Aires.
Eine Kooperation mit der Galerie kuckei + kuckei, Berlin.