Nach Sonaten von Beethoven und Goethes »Die Leiden des jungen Werther« für vierstimmigen gemischten Chor und Klavier.

Es ist eine ganz neue Art der Bearbeitung. Wir stellen uns vor: eine Abendgesellschaft (der Chor) Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Man flaniert paarweise oder in kleinen Gruppen und plaudert. Ein*e Pianist*in spielt Beethoven. Ein Sektkorken knallt. Man stößt an. Der Gastgeber Wilhelm (ein*e Solist*in aus dem Chor) tritt mit einem Briefumschlang an die Rampe. Er öffnet ihn und liest, erst leise, dann laut. Der Chor lauscht, sinniert, greift die Worte auf. Die Briefe sind von Wilhelms bestem Freund Werther. Der Chor stimmt mit ein, als läsen alle die Briefe gemeinsam. Die*der Pianist*in spielt, und der Chor singt. Der Chor singt nicht die Sonaten von Ludwig van Beethoven, er singt Töne daraus, Tonfolgen, Motive, Harmonien in seinem eigenen Rhythmus, er singt zu den Sonaten, wobei Inhalt der Briefe und Musik in Beziehung zueinander treten.

Zur frühlingshafte Sonate Nr. 10 G-Dur op. 14 Nr. 2 hören wir von Werthers erster Begegnung mit Charlotte S. Alle warnen ihn: Lotte ist vergeben, er solle sich hüten, sich zu verlieben – zu spät. Zur Sturm-und-Drang-Sonate Nr. 17 d-Moll op. 31 Nr. 2 (Der Sturm) kehrt Lottes Verlobter Albert zurück. Ja, er ist ein »braver Mann, dem man gut sein muss«, aber Werther erträgt es nicht länger und zieht fort. Zur Sonate Nr. 14 cis-Moll op. 27 Nr. 2 (Mondscheinsonate) erfährt er von Lottes Heirat mit Albert. Mit ihr kann er nicht sein und ohne sie auch nicht. Mit der Sonate Nr. 21 C-Dur op. 53 (Waldstein) kehrt Werther zu Lotte zurück. Doch wie hat sich alles verändert! »Kein Wink der vorigen Welt, kein Pulsschlag des damaligen Gefühls«. Bleiben kann er nicht, gehen kann er nicht. Er hat früher schon gedacht, dass er sterben will. An Heiligabend schickt er einen Diener zu Albert und leiht sich von dem Arglosen zwei Pistolen. Zum triumphalen Finale der Waldstein-Sonate hören wir Werthers letzte Zeilen: »Sie sind geladen – es schlägt zwölfe! So sei es denn! – Lotte! Lotte, lebe wohl! Lebe wohl!«